Im Religionsunterricht in meiner Schulzeit habe ich gelernt: „Jeder katholische Gläubige hat Anspruch darauf, am Sonntag eine Heilige Messe zu besuchen“, man war dazu ja sogar verpflichtet. Wegen des Priestermangels, ist dies sehr oft nicht mehr möglich. Es werden deshalb in zunehmendem Maß Wortgottesfeiern angeboten. Viele Kirchgänger sehen diese Form des Sonntagsgottesdienstes nicht als gute Alternative, sondern begegnen leider solchen Angeboten eher skeptisch. Diese eher ablehnende Haltung ist nicht berechtigt. Die Wortgottesfeier ist eine anerkannte liturgische Feier, Im Zentrum steht das Hören auf Gottes Wort und das gemeinsame Beten und Singen. Das 2. Vatikanische Konzil empfahl schon im Dezember 1963 in seiner „Konstitution über die Heilige Liturgie“ Wortgottesdienste zu feiern. Dort wo kein Priester zur Verfügung steht, soll sie ein Diakon oder ein vom Bischof beauftragter Laie leiten. Der liturgische Ablauf wurde im Konzilsdokument nicht bindend festgelegt. Empfohlen wurde, dass die Elemente des Wortgottesdienstes der Messe (Lesungen und Evangelium des Tages) enthalten sind, ebenso Fürbitten und das Vater unser. Darüber hinaus besteht Gestaltungsfreiheit. Ab 1967 wurde für die gesamte katholische Kirche erlaubt, an den Sonntagen auch eine Kommunionfeier in diesen Gottesdienst zu integrieren. In den von der Deutschen Bischofskonferenz 2006 beschlossenen Richtlinien steht: „Alle Gottesdienstformen, die an die Stelle der Hl. Messe treten, sind an Sonntagen gestattet und empfohlen, wenn die Feier der Hl. Messe unmöglich ist, aufgrund des Priestermangels bzw. einer zu großen Entfernung zum Ort der nächsten Eucharistiefeier. Eine sinnvolle Form des Sonntagsgottesdienstes ist die Wortgottesfeier.“ Die Genehmigung von Wortgottesfeiern an Sonntagen steht dem Bischof zu. In unserer Diözese haben sich die Bischöfe eindeutig und formell für diese Gottesdienstform ausgesprochen.
Auch in den Kirchengemeinden unserer Stadt gibt es Angebote von Wortgottesfeiern schon seit vielen Jahren (z.B. Familiengottesdienste, bei urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit des Pfarrers, bei besonderen thematischen Gottesdiensten). Wortgottesdienste werden in Zukunft auch hier bei uns deutlich verstärkt angeboten werden müssen, um Pfarrer Deckwart, der für drei Gemeinden und über 9.000 Gemeindemitglieder zuständig ist, zu entlasten. Aber auch, wenn er sich nach vielen Jahren als Pfarrer in Bietigheim-Bissingen in den Ruhestand verabschieden wird und nicht sicher ist, ob und wann wir wieder ausschließlich für unsere Stadt einen „neuen Pfarrer“ bekommen werden.
Auf dem Foto sind einige der Männer und Frauen aus unseren Gemeinden zu sehen, die nach einer theologischen und liturgischen Ausbildung beauftragt wurden, ehrenamtlich Wortgottesfeiern anzubieten.
(ein Artikel von Erwin Rudolph aus dem Oster-compass 2023)